Sonntag, 23. Dezember 2012

Smartphones - was sie sind und was sie noch werden können

Zunächst erst einmal eine Entwarnung an alle Leser, die noch ein Smartphone-freies Leben führen: Ja, man kann auch ein Smartphone zum Telefonieren verwenden und notfalls auch nur dafür.

Eigentlich beschäftigt mich aber eher die Frage, wen man im Begriff Smartphone eigentlich für smart hält? Die Geräte selbst aufgrund ihrer tollkühnen Rechenleistung und unsagbaren Funktionsvielfalt oder eher deren "Halter", die ohne erweiterte kognitive Fähigkeiten diese Höllenmaschinen kaum mehr zu bändigen wüssten? Vermutlich liegt die Wahrheit zumindest in der Realität in der Kombination aus beidem.

Rückblickend auf inzwischen mehrjährige Erfahrungen mit zwei Referenzen der Smartphonewelt, dem Samsung Galaxy S2 und inzwischen dem Samsung Galaxy S3 bin ich vermutlich im guten gefühlten Mittel von Freud & Leid und als inzwischen moderater Nutzer von "Apps" zur Funktionserweiterung vielleicht auch als Otto-Normalnutzer aus Sicht der Hersteller nicht unterrepräsentiert.

Was hat sich wirklich mit den Smartphones und durch sie verändert? Zugegeben, mein neues Telefon kennt meine eMails, meinen Kalender, meine Aufgaben, meine sozialen Netzwerke, dadurch meine Freunde, meine Musik, meine Fotos, meine Bücher und Dokumente, meine Vorlieben beim Einkaufen, bei den Nachrichten, meine Position auf der Welt, meine Gedanken in Blogs, meinen Gas-, Wasser- und Stromverbrauch, meine (un)sportlichen Aktivitäten, meine Schlafphasen, meine Passwörter (naja, zumindest verschlüsselt), meine Ernährung und kann meine Computer und Musikanlagen steuern und es kann nicht nur telefonieren sondern auch Vibern, Skypen und chatten. Es weiß mehr als jeder Computer, den ich je hatte und ist umtriebiger in Netzwerken und ohne Firewall hier auch instransparenter als jene. Aber was bringt mir das alles? Es macht mich mobiler, ich bin unterwegs und doch erreichbar, informiert, stehe Rede und Antwort, behalte den Überblick, kalkuliere die Möglichkeiten und kenne den Weg. Das alles ist mir persönlich wichtig und wenn es das nicht wäre, könnte ich es immer noch beschränken. Aber irgendwie ist es in alldem auch mühsam und komplex - selbst für technisch Interessierte.

Mein Handy - pardon - gewitzter Fernsprechapparat aka Smartphone hört mich aber versteht mich nicht. Es weiß mehr als meine Freunde über mich, aber kennt mich nicht. Bei der Fülle an Technik in diesem Gerät ist es mir ein Rätsel, wieso ich nach einer Terminvereinbarung am Telefon diesen Termin hinterher immer noch manuell eingeben muss - der Apparat hat doch die ganze Zeit mitgehört! Weshalb kann er keine Informationen bereitstellen, wenn er doch eine fachliche Diskussion ohnehin mitliest? Langsam wird mir klar, weshalb man sich terminologisch von der Bedeutung des ursprünglichen Begriffs PDA gelöst hat (Ja liebe Kinder, es gab die Ideen schon clever umgesetzt lange vor Apple) - die Geräte sind einfach keine Personal Assistants...lediglich Digital stimmt meistens! 

Von einem echten persönlichen Assistenten erwarte ich, dass es mitdenkt und handelt und mir nicht einfach mehr Optionen gibt. Was bringt es mir denn, wenn ich ein auf einer Feier geschossenes Foto mit zwei Dutzend (pseudo-)sozialen Netzwerken "sharen" kann?! Das Telefon kennt doch den Termin aus dem Kalender und die Gesichter auf dem Foto durch die Gesichtserkennung und könnte mich direkt fragen, ob ich den automatischen Versand des Fotos als hübsch aufbereitete Postkarte an alle auf dem Foto gefundene Gesicht veranlassen möchte. Ein vernünftiger Assistent weiß doch ganz genau, dass ich eine mündliche Terminvereinbarung am Telefon vielleicht nicht halten kann, weil ich einen Paralleltermin habe. Er weiß doch genau, wann ich werktags welche Musik gern höre, welche Nachrichten lese und welche eMails ich wie gern und zeitig beantworte. Er kennt meine persönliche Beziehung zu meinen Kontakten, weiß, wann ein paar nette Worte angebracht wären. Warum kommen nur hohe Führungspersonen in den Genuss einer tatsächlich denkenden Assistentin? Meine Zeit ist mir wichtig und ich gebe immerhin ein kleines Vermögen für ein technisches Wunderwerk aus, nur um festzustellen, dass die Software nicht weit genug entwickelt ist. Das ist wie ein Gehirn voller Neuronen aber ohne Synapsen, ein Gebäude voller Zimmer aber ohne Gänge.

Mal ehrlich, sind die Funktionen der Spracherkennungen von aktuellen Handys wirklich so "intelligent"? Ich frage nach dem Wetter, verspreche mich vielleicht, baue den Satz etwas um und muss schon befürchten, dass es mich "leider nicht verstanden hat". Wie ein Esel wiederhole ich eine einfache Frage - vorgeführt von einem Gerät, was leider noch lange nicht "smart" ist. Liebe Hersteller, versteht mich nicht falsch, die Entwicklungen zeigen in die richtige Richtung, zeigen aber noch - nun ja - einiges an Potential. Vermutlich wird die Nomenklatur dann enden wie die von Monitorauflösungen, wo sich aus dem einfachen VGA inzwischen ein WHUXGA entwickelt hat. Dann analog vielleicht ein Ultra Extended Superior Smart Phone, welches mir auch die Frage nach Krawatte und Hemd für die Abendveranstaltung in flüssigem Deutsch beantworten kann. 

Bis dahin hacke ich fleißig meine Daten in eine kostenlose Software in das Gerät, damit Unternehmen zumindest das eine machen, was Sie intelligent zu beherrschen versprechen - mir (im harmlosesten aller Fälle) personalisierte Werbung anzuzeigen.

Manchmal vermisse ich die zugegebener Maßen relative Einfachheit meines letzten "normalen" Telefons, eines Sony-Ericsson K800i, damals ebenfalls ein Meilenstein der Mobilfunktechnik. Inzwischen ist es nur noch zur Powerpoint- und LEGO-Mindstorms-Fernbedienung verkommen. Mein Gott, was haben die Menschen nur vor dieser Technik mit ihrer ganzen Zeit angefangen?

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